Home   |   Resume   |   Ancestry   |   Links   |   Contact
Chronik der Familie Glauner   |   Fotoalbum                                                                

 

Vor 1550 1550 - 1580 1580 - 1590 1590 - 1600 1600 - 1610 1610 - 1630 1630 - 1650 1650 - 1700

 

1700 - 1730 1730 - 1780 1780 - 1830 1830 - 1900 1900 - 1920 1920 - 1955 1955 - 1985 1985 +

Chronik der Familie Glauner

Auch eine Familiengeschichte wird nicht an einem Tag geschaffen. Der Gedanke und Wunsch, sie auszuarbeiten, besteht vielleicht schon lange, ehe man Zeit findet, zum ersten Mal dafür die Feder anzusetzen. Zunächst gilt es, den Weg zu suchen, der zu den Quellen führt. Eine Zeitlang geht man wohl in falscher Richtung. Es ist vielleicht auch manches Gestrüpp alter angeblicher Überlieferung und vorgefaßter Meinung auszurotten, ehe der Pfad offen liegt. Ist aber die Quelle erreicht, dann zeigt sich erst, daß man nicht einfach daraus schöpfen kann, sondern daß es gilt, sie erst zu erschließen. Das erfordert oft lange, mühsame Arbeit.

In unserer Familie galt von unbestimmbarer Zeit her als Glaubenssatz, die Vorfahren seien aus Salzburg vertriebene Protestanten gewesen. Bei einem Sommeraufenthalt im Schwarzwald 1918 fand ich bei Carl Glauner in Alpirsbach eine Abbildung des Wappens einer sonst unbekannten Martha Glauner aus Salzburg, das der Besitzer für unser Familienwappen hielt, ohne einen weiteren Beweis dafür zu haben. In Wirklichkeit gab es in Salzburg eine Familie mit ähnlich klingenden Namen Clanner, von der ein Glied, Burkhard Clanner, geb. in Salzburg am 10 Oktober 1566 sich nach Abschluß seiner Studien in Wittenberg niederließ. Er war nach dem Tode seiner Eltern protestantisch geworden, und fand nun in seiner Heimat sein Fortkommen gehindert durch die Maßnahmen, die Erzbischof Dietrich dort seit 1588 gegen Protestanten traf. Er verheiratete sich in Wittenberg und war dort 1615 - 37 Bürgermeister. Nachrichten über ihn und seine Nachkommenschaft fand ich 1919 in den „Familiengeschichtlichen Blättern“ der Zentralstelle für deutsche Personen und Familiengeschichte. Aber ein Zusammenhang der Glauner mit diesem Salzburger Geschlecht besteht zweifellos nicht.

Diese Nachforschungen blieben also zwecklos. Eine andere Angabe in der selben Zeitschrift über eine Familie Springer aus Freudenstadt führte mich dagegen weiter. Sie stammte von Herrn H. F. Macco in Berlin-Steglitz, der die Freudenstädter Kirchenbücher durchgegangen, und von dorther die Heirat der Elisabeth Katharina Springer mit unserem Ahn Johann Sebastian Glauner notiert hatte. Nun suchte auf meine Bitte Geheimrat Dr. Eickhoff in den Kirchenbüchern von Hamm nach und fand den Eintrag: „1763 am 2.Oktober heirate Meister Johann Georg Glauner, Metzger und Bürger hierselbst, des Herrn Sebastian Glauners, Handelsmann zu Freudenstadt in Württemberg und Frau Elisabeth geb. Springers ehel. Sohn, die Anna Katharina Wimmanns, Witwe Stricker.“ Damit war von beiden Seiten unsere Verbindung mit Freudenstadt festgestellt. Durch Herrn Macco, an den ich mich nun wandte, erhielt ich aus seinen Notizen noch Nachrichten über Vater und Großvater des Johann Sebastian Glauner.

Mit dem Nachweis, daß die Glauner von Freudenstadt nach Hamm gekommen sind, war auch der Ursprung der „Salzburger Legende“ aufgedeckt. Denn in den alten Freudenstädter Familien ist sie weit verbreitet, aber meist durchaus unbegründet. Als Herzog Friedrich von Württemberg die neue Stadt am Ostrand des Schwarzwaldes gründete, suchte er zuerst und vor allem Bergknappen aus dem Ausland, wo Bergwerke betrieben wurden, heranzubringen. So kamen namentlich, als er am 10.November 1601 einen besonderen Aufruf erließ , auch einzelne Familien aus den österreichischen Erblanden, Kärnten, Krain, Steiermark, Vorderöstereich. Auch der erste Obervogt, den der Herzog einsetzte, war ein Adeliger aus Krain. Sie alle hatten die Heimat um ihres evangelischen Glaubens willen verlassen. Aber daß damals oder später auch Leute aus Stadt und Erzbistum Salzburg selbst nach Freudenstadt gekommen seien, ist nirgends ausdrücklich in den Quellen, namentlich in den Kirchenbüchern, gesagt. Wenn man von salzburger Emigranten redet, so denkt man im übrigen nur an die Protestantenaustreibung durch den Erzbischof Leopold Anton Grafen von Firmian mit seinem Patent vom 31.Oktober 1731. Ein Hauptstrom der Flüchtlinge zog 1732 durch Süddeutschland und hoffte, Aufnahme in dem evangelischen Herzogtum Württemberg zu finden. Aber hier fehlte für größere Massen das freie Siedlungsland. Als daher Preußen, Holland, Dänemark und Schweden sich zur Aufnahme bereit erklärten, wandte sich der Zug alsbald dorthin, und ließ in Württemberg von etwa 5000 Seelen nur 50 - 60, höchstens 100 zurück. Von Freudenstadt ist in den wegen der Ansiedlung gepflogenen Verhandlungen anscheinend überhaupt nicht die Rede. „Der traurige Zug der armen Vertriebenen“ hat aber im württembergischen Volk einen tiefen Eindruck hinterlassen. Es erhielt sich der Glaube, sie seien im Land geblieben. Wenn nun in einem Ort wie Freudenstadt schon früher her die Überlieferung bestand, daß einzelne Bürger von Flüchtlingen aus derselben Landschaft stammen, wobei man die politischen und geographischen Grenzen nicht wissenschaftlich streng behandelt, so war es leicht, daß beides zusammengeworfen wurde und der Glaube entstand, nicht nur jene, sondern überhaupt die ersten Bewohner Freudenstadts seien alle Salzburger. Man hatte dort ohnehin von jeher den Anteil der Zuwanderung aus Österreich sehr stark überschätzt. Die von dort Gekommenen sind aber allmählich immer mehr wieder verschwunden. Entweder weitergezogen oder ausgestorben, und unter den heutigen Einwohnern der Stadt dürfte der Anteil derjenigen klein sein, die in direkter Linie von jenen Emigranten abstammen. Das ist die Salzburger Legende der Freudenstädter - und der Glauner. Wir haben doch den Vorzug, daß eine Ahne aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, Lisa Wurm, die Frau des Hans Jerg Glauner, die Enkelin eines Mannes war, der aus Oberkärnten um seines Glaubens willen vertrieben worden ist.

Weit überwiegend waren die Ansiedler in Freudenstadts Gründungszeit altwürttembergischer Herkunft. Viele kamen einfach aus der nächsten Nachbarschaft. Aber jedenfalls hatte der Herzog, wie das bei anderen Gelegenheiten auch geschah, in seinem ganzen Land durch seine Beamten zur Ansiedlung einladen lassen. So kam der Ruf auch an Peter Glauner, der mitten in der Schwäbischen Alb, am Fuße des Berges, der einst die Herzogsburg der Teck trug, daheim war. Dortherum und sonst im Herzen des Landes Württemberg, in den alten Ämtern Kirchheim unter Teck, Nürtingen, Neuffen, Cannstadt, Schorndorf, Leonberg, Ludwigsburg, Vaihingen an der Enz findet sich unser Name schon früh, und ist dort im 16. Jahrhundert, also vor der Gründung Freudenstadts, zahlreich vertreten.

Auch der Name Glauner in seiner sprachlichen Bedeutung beweist altschwäbische Herkunft. Die Bedeutung, die im Sommer 1921 das Landesregierungsarchiv in Insbruck auf meine Anfrage gab, Glauner sei Inhaber, Bebauer oder Besitzer des Glaunhofes in Griesbruck bei Klausen, und das Wort gehe auf das lateinische Wort colonia in der Bedeutung des Landguts, das ein colonus bebaut, zurück, trifft für uns nicht zu. Vielmehr ist Glauner auf das schwäbische Zeitwort „glaunen“ zurückzuführen, das heute noch da und dort auch im Schwarzwald selbst gebraucht wird, und soviel heißt wie „schielen“. Nach Hermann Fischers Schwäbischen Wörterbuch heißt es, wenigstens im Tübinger Bezirk, soviel wie „auswärtsschielen“. Dort wird auch gesagt, es sei in der alten deutschen Sprache nicht bezeugt und könne etymologisch, das heißt seiner Abstammung nach, nicht erklärt werden. Auch hat es ein eng begrenztes Verbreitungsgebiet; Fischer hat es heute nur in den heutigen Oberamtsbezirken Tübingen, Böblingen (auch Glaunern als Hauptwort), Neuenburg, Leonberg, Vaihingen, Maulbronn, Besigheim, Brackenheim, in der lebenden Sprache gefunden. Da die Verbreitung des Familiennamens sich mit diesem Gebiet, wie wir sehen, nicht deckt, wird man für ältere Zeit jedenfalls eine weitere Verbreitung annehmen müssen. Das Mißgeschick, als namengebenden Vorfahren einen Mann zu haben, der schielte, teilen wir übrigens mit einem Großen, Friedrich Schiller; denn im Schwäbischen sagt man „schillen“, nicht schielen.

Meine Quellen sind die Kirchenbücher in Freudenstadt und wo sonst Glauner sitzen, dazu die Akten des württembergischen Staatsarchivs, die Archivrat Dr. Mehr in Stuttgart für mich durchgegangen hat. Davon sind ergiebig gewesen Steuerlisten, Musterregister und Lagerbücher, dazu die Gründungsakten von Freudenstadt. Steuerlisten sind nur aus wenigen Jahren vorhanden und unter sich verschieden. Sie enthalten in der Regel neben dem Namen des Steuerpflichtigen noch die Angabe seines Vermögens nach Selbstschätzung, oder dem Betrag der Steuer, aus dem Vermögen berechnet werden kann. Vermögen ist Grundbesitz, auch etwaiges Bargeld und Schuldforderungen, nach Abzug eigener Schulden. Eine Steuer von 1525 trifft nur den Wert der Herdstätten; der Steueranschlag entspricht also dem Wert des dem Steuerpflichtigen gehörigen Hauses. Musterregister, wie sie gerade aus dem 16. Jahrhundert vorliegen, sind Listen der Wehrpflichtigen, wie sie als Landesaufgebot zum Dienst mit der Waffe „ausgemustert“ wurden. Sie unterscheiden in der Regel drei Wahlen, die man nach heutigen Begriffen etwa als Reserve, Landwehr und Landsturm bezeichnen könnte, ohne damit an eine völlige Übereinstimmung zu denken. Nadwehr ist ohnehin der alten Sprachen Bezeichnung für die gesammte Landesverteitigung. „Alle waffenfähigen Bürger vom 18 bis 60 Lebensjahre waren landwehrpflichtig; niemand erlangte das Bürger- und Mannrecht (Zeugnis ehelicher Geburt), niemand dürfte sich verehelichen oder ein selbständiges Gewerbe treiben, wenn er nicht Wehr und Harnisch besaß, die er nicht verkaufen durfte. Die Wehr bestand ursprünglich aus kurzen und langen Spießen, Hellebarden und Armbrüsten, seltener aus Schwertern. Der Harnisch aus einem Sturmhut, Panzer und Blechhandschuhen: hierzu kamen dann später auch Schweizerdegen und Landsknechtrappiere, Musketen, und Hakenflinten, mir welch letzteren aber vornehmlich nur städtische Landwehrmänner bewaffnet waren. Lagerbücher sind etwa dem heutigen Grundbuch zu vergleichen, doch hatten sie anderen Zweck. Sie verzeichnen Besitz und Rechte der Herrschaft an Steuern, Grundgefällen und dergleichen, und geben zu diesem Zweck Lage und Größe und den jeweiligen Inhaber der lehnbaren Grundstücke und darauf ruhenden Lehnzins an. Freies Eigentum an ländlichem Grundbesitz war nur noch selten, die meisten Güter, Häuser und Feldstücke sind Lehen der Herrschaft oder eines Klosters, oder sonstiger geistlicher oder weltlicher Besitzer. In Württemberg wurde das Gut der Herrschaft, der „weltliche“ Besitz durch Vögte und Keller (Rechnungsbeamte), das seit der Reformation säkularisierte Kloster- und geistliche Gut durch Kloster- und geistliche Verwalter betreut. Die Lehnbarkeit bedeutet für den Inhaber der Grundstücke eine gewisse Beschränkung im Verfügungsrecht, die kaum jemals drückend wirken konnte, wenigstens seit die Verhältnisse nach den Bauerkriegen von 1515 - 1525 neu geregelt waren. Kauf und Verkauf sind an Zustimmung der Herrschaft und in der Regel an bestimmte Abgaben gebunden; Schulden sollten nur mit Wissen und Erlaubnis der Behörden gemacht werden (was in Wirklichkeit auch hohe Verschuldung keineswegs ausschloß), der jährliche Lehnszins oder Kanon war nicht hoch, wurde aber so gut wie Hypothekenzins auf den Termin gefordert. Drückend war dagegen unter Umständen, wenn die Grundstücke gegen einen Teil des Ertrags, meist ein Drittel, oder auch die Hälfte, verliehen waren, und ebenso die Abgaben, die beim Übergang des Guts auf einen neuen Besitzer, und zwar ebenso vom früheren wie vom neuen, gefordert werden konnten.